Forschung und Entwicklung

Strategische Ausrichtung von Forschung und Entwicklung

Im Rahmen der geschärften Strategie „KION 2027“ werden Forschung und Entwicklung so ausgerichtet, dass sie die Position der KION Group als ein weltweit führender Anbieter von integrierten und nachhaltigen Supply-Chain- und Mobile-Automation-Lösungen unterstützen. Die Schwerpunkte der F&E-Aktivitäten beziehen sich dabei auf die beiden strategischen Handlungsfelder „Automation und Software“ sowie „Nachhaltigkeit“.

Im Grundsatz sind die F&E-Aktivitäten marken- und regionenübergreifend ausgerichtet, was es erleichtert, Forschungsergebnisse und technologisches Know-how im gesamten Konzern auszutauschen. Darauf aufbauend erarbeiten lokale Produktentwicklungsteams für die einzelnen Konzernmarken und Regionen kundenspezifische Lösungen. Neben kontinuierlichen Innovationen, die auf die Anforderungen der Kunden ausgerichtet sind, besteht ein weiteres Ziel der F&E-Aktivitäten darin, die Komplexität und Vielfalt der Produktpalette zu reduzieren und die Entwicklungszeiten für neue Produkte zu verkürzen.

Wesentliche F&E-Kennzahlen

Im Geschäftsjahr 2022 steigerte die KION Group ihre Ausgaben für F&E um 17,7 Prozent auf 321,3 Mio. € (Vorjahr: 273,0 Mio. €). Bezogen auf die Umsatzerlöse entspricht dies einem Anteil von 2,9 Prozent (Vorjahr: 2,7 Prozent). Die aufwandswirksam erfassten F&E-Kosten betrugen in Summe 203,3 Mio. € (Vorjahr: 174,7 Mio. €). Zusätzlich fielen planmäßige Abschreibungen auf aktivierte Entwicklungsleistungen in Höhe von 112,6 Mio. € (Vorjahr: 99,9 Mio. €) an, die in den Umsatzkosten ausgewiesen werden (siehe Konzernanhang, Textziffer [16]).

Forschung und Entwicklung (F&E)

in Mio. €

2022

2021

Veränderung

Forschungs- und Entwicklungskosten (GuV)

203,3

174,7

16,4 %

Aktivierung von Entwicklungskosten

118,0

98,3

20,0 %

F&E-Gesamtausgaben

321,3

273,0

17,7 %

F&E-Anteil am Umsatz

2,9 %

2,7 %

Bezogen auf die Zahl der Vollzeitstellen lag die Zahl der Mitarbeiter in den F&E-Arbeitsbereichen zum Jahresende 2022 bei 2.000, was einem Anstieg um 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr (1.854) entspricht. Um vor Nachahmungen geschützt zu sein, verfolgt die KION Group eine dezidierte Patentstrategie. Zum Jahresende 2022 verfügten alle Unternehmen der KION Group zusammen über 2.843 Patentanmeldungen und erteilte Patente (Ende 2021: 2.804). Im Berichtsjahr wurden 94 Patente erstmals angemeldet nach 81 im Vorjahr.

F&E-Schwerpunkte im Geschäftsjahr 2022

Automation & Software

Die KION Group entwickelt markenübergreifend Lösungen im Bereich von vernetzten Staplern und Autonomen Mobilen Robotern (AMR) einschließlich einer gemeinsamen Softwareplattform und integrierter Services kontinuierlich weiter.

Das Portfolio an Automatisierungslösungen wurde im Berichtsjahr durch neue autonome mobile Transportroboter in Lager und Produktion ausgebaut. Linde Material Handling stellte die autonomen mobilen Transportroboter Linde C-MATIC für horizontale Warenbewegungen vor, die sich durch Beweglichkeit und Geschwindigkeit selbst unter engen Bedingungen auszeichnen. Der Linde C-MATIC HP verbessert die Betriebsabläufe durch das automatische Erkennen von Hindernissen mithilfe eines Safety-Scanners sowie eine flexible Lastaufnahme. Nennenswerte Aufträge unterstreichen das Marktpotenzial der AMR-Lösungen der KION Group, das zusätzlich über eine strategische Partnerschaft mit dem chinesischen AMR-Spezialisten Quicktron ausgeschöpft wird. Das gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) entwickelte autonome Transportfahrzeug LoadRunner, das KI-basierte Schwarmtechnologie nutzt, wurde einem erfolgreichen Praxistest unterzogen. Dabei bestätigte sich, dass der LoadRunner eine hohe Geschwindigkeit und Sortierleistung erreicht. Die LoadRunner-Technologie des IML wurde von der KION Group für die internationale Nutzung lizenziert.

Im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts IMOCO (Intelligent Motion Control), das im Februar 2022 startete, sollen intelligente Transportfahrzeuge dazu befähigt werden, sich in dynamischen Intralogistikumgebungen autonom zu bewegen.

Dematic erweiterte sein Serviceportfolio um die visuelle Inspektion intralogistischer Anlagen mittels Drohnentechnologie. Dadurch kann sich der Zeit- und Arbeitsaufwand für die vorgeschriebenen Kontrollen automatisierter Lagersysteme reduzieren.

Über die im dritten Quartal abgeschlossene strategische Partnerschaft von Dematic mit dem nordamerikanischen Unternehmen Dexterity soll eine Software-as-a-Service-basierte Plattform für Roboterintelligenz in die System- und Softwarelösungen der KION Group integriert werden. Mithilfe der Plattform, die auf hochentwickelten Algorithmen beruht, können Standard-Industrieroboterarme zu Full-Task-Robotern aufgewertet werden, die komplexe Intralogistik-Herausforderungen bewältigen.

Linde Material Handling setzt in seinen AMR ebenfalls eine cloudbasierte Steuerungssoftware ein, welche die Ersteinrichtung und spätere Anpassungen vereinfacht. Die Cloud-Plattform unterstützt den Schnittstellenstandard VDA 5050, der von der KION Group und ihrer Marke STILL im Rahmen eines Projekts mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) und dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mitentwickelt wird. Über VDA 5050 können fahrerlose Transportsysteme und Steuerungssoftware herstellerübergreifend untereinander kommunizieren.

Nachhaltigkeit

Die KION Group treibt die Neu- und Weiterentwicklung energieeffizienter Antriebskonzepte von Verbrennungsmotoren über verschiedene Elektroantriebe bis hin zur Brennstoffzelle voran. So arbeitet die KION Group an Konzepten für den gesamten Lebenszyklus von Lithium-Ionen-Batterien – einschließlich Lademanagement, Wiederaufbereitung und Batterierecycling. Die KION Battery Systems (KBS) nahm im April eine zweite Produktionslinie für die Herstellung von 24-Volt-Batterien in Betrieb, die in mobilen Lagertechnikgeräten zum Einsatz kommen.

Zugleich haben die Marken der KION Group den Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien auf weitere Traglastbereiche und Anwendungen ausgeweitet. Linde Material Handling führte neue Schwerlaststapler im Traglastbereich von zehn bis 18 Tonnen im Markt ein und startete die Vermarktung der Niederhubwagen T14 – T20 im Traglastbereich von 1,4 bis 2,0 Tonnen mit vollintegrierter Lithium-Ionen-Batterie. Ebenfalls verfügbar sind nun elektrisch angetriebene Schlepper für Zuglasten bis 35 Tonnen und Plattformwagen bis drei Tonnen Ladelast. STILL führte die Xcellence Line im Markt ein. Im Mittelpunkt steht die RXE-Serie, die gegenüber der Vorgängerreihe RX den Energieverbrauch um bis zu 17 Prozent senkt. Unter anderem stellte STILL den neuen kompakten Elektrostapler RXE 10-16C für Traglasten bis 1,6 Tonnen vor. Für das Volumen-Segment brachte Baoli den Palettenhubwagen EP 15-03 mit Lithium-Ionen-Antrieb in den Handel.

Über die Minderheitsbeteiligung am Softwarespezialisten ifesca GmbH wurde die Entwicklung von KI-basierten Energiemanagement-Lösungen fortgesetzt. Im Mittelpunkt steht die Steigerung der Effizienz von Energienetzen durch Vermeidung kostenintensiver Versorgungsspitzen beim Laden von Elektrostaplern über ein sogenanntes Peak Power Management. Mithilfe von Algorithmen lassen sich Energieverfügbarkeit und -verbrauch prognostizieren und Ladezeiten planen.

Auch neben dem Elektroantrieb wurden wichtige Entwicklungsfortschritte erzielt. STILL startete die Entwicklung eines eigenen 24-Volt-Brennstoffzellensystems für Lagertechnikfahrzeuge, das im Jahr 2023 auf den Markt kommen soll. STILL wird die Systeme in eigener Fertigung produzieren. Linde Material Handling schloss die Tests mit HVO-Diesel ab und konnte den vollständig aus erneuerbarem hydriertem Pflanzenöl hergestellten Kraftstoff für die Motoren der Dieselstapler-Flotte freigeben. Kunden können damit ihre CO2-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichem Diesel reduzieren. Daneben sinken auch die lokalen Emissionen wie Feinstaub, Stickoxid (NOX), Kohlenwasserstoff (HC) oder Kohlenmonoxid (CO), was sich positiv auf das Arbeitsumfeld der Beschäftigten auswirkt. Weitere neue Sicherheitsfeatures wie ein Mast für Schubmaststapler mit verbesserter Sicht runden die nachhaltigkeitsorientierten Entwicklungen im Jahr 2022 ab.   

Projekte im Rahmen von F&E-Kooperationen

Zum Jahresende 2022 liefen acht Kooperationsprojekte an unterschiedlichen Standorten der KION Group.

Das Vorhaben KAnIS, das vom bayerischen Staat gefördert wird, befasst sich mit der Automatisierung von Gegengewichtsstaplern in verschiedensten Einsatzgebieten. Das Konsortialprojekt 5Guarantee betrachtet die Einbettung von 5G in Industrie-4.0-Umgebungen. KION beabsichtigt dabei, die Echtzeitsteuerung und Lokalisierung von großen Flurförderzeugflotten unter Nutzung von 5G-Technologien im industriellen Umfeld zu erforschen. Ein Schwerpunkt lag dabei auf Durchsatz und Latenz bei der Datenübertragung.

Im Verbundvorhaben GRASS wird an neuartigen Ansätzen zum autonomen Kommissionieren im Warenlager durch Roboter geforscht. Im Zentrum der Aktivitäten stehen Algorithmen zur Erkennung von Waren in Regalen sowie Roboterarme und Greifer und deren Ansteuerung. Konzepte für eine KI-gesteuerte Fabrik der Zukunft werden im Rahmen des Förderprojekts KI.FABRIK durch die TU München und die Industriepartner, darunter Linde Material Handling, entwickelt. Dabei spielen mobile robotische Lösungen und die Vernetzung von innerbetrieblicher Logistik und Produktion eine wichtige Rolle. Zudem ist KION Industriepartner im europäischen Forschungsprojekt IMOCO4.E mit dem Ziel, die autonomen Fähigkeiten der Fahrzeuge maßgeblich zu erweitern und ein breiteres Einsatzgebiet in Mensch-Maschine-Produktionsumgebungen zu erschließen. Die Bestrebung des kanadisch-deutschen Verbundvorhabens ARIBIC ist die Demonstration einer Plattform, die ein Warenlager durch kontinuierliche Datenauswertung mittels KI in einem digitalen Zwilling in Echtzeit abbildet.

Im Geschäftsjahr 2022 wurde ein weiteres neues Konsortialprojekt gestartet. Ziel des Verbundvorhabens CampusOS ist der Aufbau eines Ökosystems für offene 5G-Campusnetze mit offenen Funktech­nologien und interoperablen Komponenten. Des Weiteren hat Dematic das Kooperationsprojekt AIGV mit der University of Edinburgh im Jahr 2022 gestartet, um in Person-/Robot-to-Goods-Anwendungen kundenorientiert hohe Effizienz und Flexibilität zukunfts­sicher zu kombinieren. Gefördert durch die Royal Academy bringt der Lehrstuhl seine Expertise zu Multi Agent Reinforcement Learning zur Entwicklung flexibler Planungs- und Navigationsalgorithmen auf Basis künstlicher Intelligenz ein.

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