Forschung und Entwicklung

Strategische Ausrichtung von Forschung und Entwicklung

Die Ausrichtung von Forschung und Entwicklung (F&E) steht im Kontext der Strategie 2020. Die KION Group verfolgt das vorrangige Ziel, den Kundennutzen in allen Preissegmenten und Absatzregionen zu steigern und durch konsequente Nutzung von Modul- und Plattformstrategien hohe Qualität zu einem wettbewerbsfähigen Preis bieten zu können. Hierzu werden F&E möglichst kosteneffizient gestaltet, die Komplexität und Vielfalt der Produkte reduziert und Entwicklungszeiten verkürzt. Die markenübergreifende F&E-Plattform dient dem Austausch von Forschungsergebnissen und technologischem Know-how, während die Entwicklung der Produkte weitestgehend in der Verantwortung der einzelnen Tochterunternehmen liegt.

Im Premium-Segment steht unverändert im Fokus, die Gesamtkosten der Kunden (Total Cost of Ownership, TCO) einschließlich Anschaffungs-, Wartungs- und Reparaturkosten sowie Energieverbrauch im Einklang mit umweltpolitischen Zielen und regulatorischen Anforderungen zu optimieren. Hierdurch soll das Portfolio fortlaufend weiterentwickelt und so die technologisch führende Position gesichert werden. Zusätzlich sollen Logistiklösungen der KION Group in die Wertschöpfungsketten der Kunden integriert werden und neue Einsatzgebiete erschließen. Für das Volumen- und Economy-Segment etabliert die KION Group markenübergreifend gemeinsame, kosteneffiziente Plattformen, die eine kostengünstige Produktion bei starker regionaler Ausdifferenzierung der Flurförderzeuge ermöglichen.

Wesentliche F&E-Kennzahlen

Die Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung wurden im Geschäftsjahr bewusst gesteigert und summierten sich auf 119,7 Mio. €. Sie übertrafen damit den Vorjahreswert (114,2 Mio. €) um 4,8 Prozent. Damit wendete die KION Group 2,6 Prozent (Vorjahr: 2,5 Prozent) der Umsatzerlöse beziehungsweise 4,7 Prozent (Vorjahr: 4,5 Prozent) der Neufahrzeugumsätze für F&E auf und lag damit erneut oberhalb des Branchendurchschnitts. Die F&E-Gesamtausgaben enthalten 43,7 Mio. € (Vorjahr: 45,7 Mio. €) aktivierte Entwicklungskosten. Diesen standen planmäßige Abschreibungen in Höhe von 49,7 Mio. € (Vorjahr: 45,1 Mio. €) gegenüber (siehe Konzernanhang, Textziffer [17]).

Die Zahl der Vollzeitstellen in den F&E-Arbeitsbereichen hat sich um 79 auf 1.023 erhöht. Innerhalb des F&E-Bereichs erbringt vor allem der Entwicklungsstandort im südchinesischen Xiamen markenübergreifend Leistungen mit besonderem Fokus auf das Economy- und Volumen-Preissegment in Wachstumsmärkten und spielt für die Umsetzung der konzernweiten Plattformstrategie eine entscheidende Rolle. Deshalb wurde die F&E-Mitarbeiterzahl im dortigen F&E-Entwicklungszentrum erneut überproportional von 232 Vollzeitstellen im Vorjahr auf 282 erhöht. > TABELLE 032

Forschung und Entwicklung (F&E)

032

in Mio. €

2014

2013

Verän­derung

Forschungs- und Entwicklungskosten (GuV)

125,7

113,6

10,6 %

Abschreibungen (F&E)

–49,7

–45,1

–10,3 %

Aktivierung von Entwicklungskosten

43,7

45,7

–4,2 %

F&E-Gesamtausgaben

119,7

114,2

4,8 %

F&E-Anteil am Umsatz

2,6 %

2,5 %

Die KION Group schützt ihre Produktentwicklungen umfassend vor Nachahmung. Im Jahr 2014 wurden an die KION Gesellschaften insgesamt 140 Patente erteilt (Vorjahr: 85). Die Unternehmen der KION Group verfügten am Jahresende 2014 über insgesamt 1.689 (Ende 2013: 1.596) Patentanmeldungen und erteilte Patente.

F&E-Schwerpunkte im Geschäftsjahr 2014

Emissions- und Verbrauchsreduzierung

Verschärfte Emissionsrichtlinien bei Dieselstaplern und der weiter anhaltende E-Mobility-Trend haben die Nachfrage nach abgasfreien Elektrogabelstaplern auch in größeren Tragfähigkeitsklassen erhöht. Sowohl LMH als auch STILL haben ihre Produktpaletten um Gegengewichts-Elektrostapler erweitert, die bis zu acht Tonnen heben können.

STILL stellte im Juni den überarbeiteten RX 20 mit deutlich verbesserten Leistungsparametern vor. LMH führte die neuen E12-E20 EVO Gegengewichts-Elektrostaplermodelle der Traglastklasse von 1,2 bis 2 Tonnen ein. Dieses Facelift zeichnet sich durch einen um bis zu 17 Prozent reduzierten Energieverbrauch zum Vorgängermodell aus. Die Ersparnis wird unter anderem durch unterschiedliche Fahrdynamikprogramme erzielt, die eine individuelle Optimierung zwischen hoher Leistung und geringem Energieverbrauch zulassen.

Um Kunden transparent zu machen, wie sich der Einsatz eines Linde Geräts auf ihre Umweltbilanz auswirkt, hat LMH zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) eine Methodik zur Bewertung der Umweltwirkung seiner Gabelstapler und Lagertechnikgeräte im gesamten Produktlebenszyklus entwickelt. Zudem wurden Ökobilanzen für die sieben wesentlichen Produktgruppen des Unternehmens erstellt.

Plattform- und Modulstrategie

Für das Volumen- und Economy-Segment etabliert die KION Group markenübergreifend gemeinsame, kosteneffiziente Plattformen für Produktentwicklung und Produktion. Wesentlich für den Markterfolg ist, dass diese Plattformen eine starke regionale Ausdifferenzierung der Flurförderzeuge ermöglichen. Ein Beispiel hierfür ist die Nutzung der in China entwickelten Dieselstapler-Plattform von Baoli für regionalspezifische Produkte in Indien (Voltas) und Brasilien (STILL) im Economy-Segment. Zudem wurde 2014 eine weitere, in Xiamen entwickelte Plattform für das globale Volumen-Segment im Markt eingeführt.

In Westeuropa werden die Gegengewichtsstapler der Premiummarken Linde und STILL für eine stringente Markendifferenzierung weiterhin unterschiedliche Plattformen nutzen, allerdings verstärkt gemeinsame Module verwenden. Teile der Lagertechnik haben seit jeher gemeinsame Wurzeln, wie zum Beispiel die Schmalganggeräte, die für beide Marken in Reutlingen produziert werden.

Antriebstechnologie

Im Mittelpunkt der Entwicklung neuer Antriebstechnologien standen wie schon im Vorjahr leistungsstarke Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge. Im Oktober 2014 nahmen LMH und STILL die ersten Lagertechnikgeräte (Mitgänger-Niederhubwagen) mit Lithium-Ionen-Batterie in ihr Produktprogramm auf. Beide Lösungen sind besonders effizient, da die Fahrzeuge inklusive Fahrzeugsteuerung und Elektronik sowie Batterie und Ladegerät ein System bilden, dessen unterschiedliche Komponenten miteinander kommunizieren.

Weiterhin treiben LMH und STILL die Entwicklung von Lithium-Ionen-Batterien für Gegengewichtsstapler höherer Gewichtsklassen sowie von entsprechender Ladetechnologie voran. Die Brennstoffzellen-Stapler von Linde Material Handling wurden als beste Innovation in der Kategorie Flurförderzeuge bei der Leserwahl „LOGISTRA best practice: Innovationen 2014“ des Fachmagazins „Logistra“ prämiert.

Automatisierung und Vernetzung

Die Automatisierungslösung STILL iGoEasy wurde im Mai 2014 mit dem International Forklift Truck of the Year Award (IFOY Award) in der Kategorie „Automated Guided Vehicles“ ausgezeichnet. Dies ist die weltweit erste Systemlösung mit kompletter Konfiguration, Steuerung und Überwachung per iPad, die eine einfache Automatisierung von Anlagen mit geringem Transportvolumen ermöglicht. Zudem realisierte STILL im Berichtsjahr ein Rohstofflager mit allen notwendigen automatischen Komponenten, wobei erstmalig halbautomatische Shuttlefahrzeuge mit vollständig automatisierten Schubmaststaplern kommunizieren, um Rohstoffe zur richtigen Zeit an die richtige Produktionsversorgungsstation zu bringen.

Die steigende Nachfrage nach individualisierten Produkten erfordert auch bei den Kunden zunehmend flexiblere Materialflusskonzepte. Daher setzen immer mehr produzierende Unternehmen Routenzüge zur innerbetrieblichen Materialversorgung ein. Sowohl STILL als auch Linde haben ihre Routenzugkonzepte 2014 weiterentwickelt. STILL untermauerte seine führende Position bei Routenzügen und brachte im Juli die ersten Schlepper der LTX-Baureihe auf den Markt, die durch zahlreiche Ausstattungsvarianten maßgefertigte Transportlösungen für verschiedene Branchen und Anwendungsbereiche ermöglicht. Auch LMH stellte im Mai mit dem Linde Logistic Train und dem Linde Factory Train zwei neue Logistikzug-Lösungen für den modernen, getakteten Materialfluss in Produktionsbetrieben vor.

Ein wichtiges Thema bleiben auch Automatisierung und Vernetzung des Warentransports. LMH stellte im Mai 2014 die neueste Generation der Flottenmanagementlösung „connect:“ vor. Die Produktfamilie besteht aus einer lokalen Datenbank, einem Cloud-basiertem Datenportal, einer neuen Verwaltungs- und Analysesoftware sowie einer Reihe von Softwaremodulen, die je nach Kundenanforderung zu individuellen Funktionspaketen zusammengestellt werden. Gabelstapler oder Lagertechnikgerät werden per Bluetooth oder Mobilfunk mit der lokalen Datenbank oder Servern der Linde Data Cloud vernetzt. Durch die Nachrüstbarkeit des Systems können gesamte Flotten, inklusive Alt- und Fremdgeräten, in den Service eingebunden werden.

Erstmals kam „connect:“ im Berichtsjahr auch in einem autonom fahrenden Auto zum Einsatz. Im Konzeptfahrzeug „XchangE“ der Schweizer Rinspeed AG regelt das System die Zugangskontrolle mittels RFID-Technologie und überträgt die technischen Fahrzeugdaten, um den autonomen Fahrbetrieb zu überwachen. Dies sind die gleichen technischen Aufgaben, die das System auch im Einsatz in einem Flottenfahrzeug übernimmt. Eine weitere Anwendung von „connect:“ demonstrierte ein mit der Deutschen Telekom gemeinsam entwickeltes Servicefahrzeug. Das so genannte „App-Mobil“ ermöglicht es dem Kunden, durch die Zusammenarbeit von „connect:“ und der Telekom-App Arrival Control minutengenau den aktuellen Standort und die voraussichtliche Ankunftszeit zu verfolgen. Die Deutsche Telekom und LMH haben einen Kooperationsvertrag geschlossen, um den Einsatz der App-Lösung im LMH-Kundenservice zu testen. Dadurch erlangt der Kunde bei einem Serviceeinsatz ein hohes Maß an Transparenz und Planbarkeit.

Arbeitssicherheit und Ergonomie

Mit dem Linde Safety Pilot stellte LMH im Mai 2014 eine Weltneuheit vor. Das elektronische Fahr-Assistenzsystem hilft, Bedien- und Fahrfehler im Grenzlastbereich zu vermeiden und somit die Unfallgefahr durch Umkippen zu verringern. Einerseits wird der Fahrer optisch und akustisch gewarnt, andererseits greift die Fahrzeugsteuerung aktiv und regulierend ein.

Ein weiteres Fahr-Assistenzsystem wurde speziell für Linde-Schubmaststapler mit hohen Hubhöhen entwickelt, die angesichts wachsender Regalhöhen immer häufiger eingesetzt werden. Das „Dynamic Mast Control“ (DMC) gleicht sowohl Mastschwingungen als auch ein Durchbiegen des Mastes schnell, präzise und energieeffizient aus. Damit braucht der Fahrer nicht mehr auf ein Auspendeln der Last zu warten und kann deutlich schneller und sicherer arbeiten. STILL bietet seit April 2014 einen neu entwickelten Schubmaststapler (FM-X) mit aktiver Lastenstabilisierung an, der erstmals eine Hubhöhe von bis zu 13 Metern erreicht. Die aktive Laststabilisierung verkürzt die Wartezeit in hohen Hubhöhen am Regal um bis zu 80 Prozent, wodurch der Lagervorgang erheblich beschleunigt wird.

Darüber hinaus brachte LMH im Februar 2014 zwei sicherheitsoptimierte kompakte Doppelstockbelader für leichte Logistikeinsätze auf den Markt, die beispielsweise in Supermärkten eingesetzt werden. Unter anderem regelt die Funktion „SafetySpeed“ die Fahrgeschwindigkeit und „SafetyLift“ ein unbeabsichtigtes Heben oder Senken. Vier verschiedene Bremssysteme sorgen dafür, Kollisionen zu verhindern.